Diaries from Bolivia

E Bike Diario

/ Bolivia

Madrid, 20. Februar 2016

Sitze im roten Kunstlerderfauteuil der Iberia VIP-Lounge. Meine rurale Herkunft wird mir wieder mal schlagartig bewusst, wie ich am Buffet von Cava, Rotwein, Bier, Snacks , Lachs und Eis stehe und mich frage wo man hier bezahlen muss. Die anderen Gäste greifen eifrig zu, bedienen sich und setzen sich in Ihre Fauteuils. Mir nichts dir nichts. Ich also auch. Versuchs mal mit ‘nem Bier. Mahou, cinco estrellas. Klappt auf Anhieb, keine strafenden Blicke, nirgends. Am meisten beobachte ich mich selbst. So lässt sich’s warten. Sauf den Tresen leer und flieg dann übers Meer.

Beim Abschied von meinen drei Frauen heute von Sibylle, Johanna und Ella bin ich mir wieder bewusstgeworden wie unbedingt die Liebe zwischen uns ist. Das ist auch das Schöne dran am Verreisen, zu merken was hinter dem Scheinbar selbstverständlichen steckt. Eine grosse heftige Umarmung, ein Kuss voller Vertrauen ins Leben und in die Verbundenheit.

Andreas hat die Flyer-Ersatzpneus vorbeigebracht und dazu ein paar Geschichten aus Argentinien. Er ist begeistert vom Reisen mit den E-Bikes. Das ideale Tempo, wo man alles mitkriegt und doch vorankommt, anhalten kann wos passt und nicht bis ans Limit gehen muss. Dort würde es nur noch weh tun, die Tränen kommen und man ist nur noch mit sich und seinen eigenen körperlichen Grenzen beschäftigt und kriegt gar nicht mehr mit wie schöns ist, am Berg. Nicht so beim Flyern, da kann man zur Not auch in den Turbo Modus schalten.

Nervosität hat auf sich warten lassen und ist dann doch nicht gekommen. Komfortabel sich in Lucas Pläne einfach so einklinken zu können. Bestellliste abhaken. Tipps beachten, schief gehen kann eigentlich nicht viel. Ein Monat raus aus der Zürcher Komfortzone. Man kann sich s leisten. Frag mich grad für wen ich das da schreibe. Gibt’s ein Zielpublikum? Eigentlich nein. Soll halt lesen wer will. Seis drum: Bier her.

San Salvador de Jujuy 22.2.2016

Mit dem Flyer durch den Dschungel geflogen. Das war alles ganz anders als ich es mir vorgestellt hatte. Die Temperatur: 25 Grad beim Start am Morgen in Salta und ich hatte grad mal 15 erwartet, wenns gut geht. Sowas kann man sich ja auch immer kaum vorstellen, dass es Sommer ist und warm, wenn einem in Zürich die Nullgradgrenze und der Wechsel zwischen Schnee und Regen in der Defensive hält. Start also 1200 m über Meer. Ein Flughafen hat dieses Salta wo das Gepäck noch mit Traktor und Wagen vom Flugzeug zum ratternden Band gebracht wird. Aber eine halbe Stunde zu früh angekommen, das glaubt keiner. Ganz entgegen den Prophezeiungen im Reiseführer, dass die Argentinischen Airlines in der Regel mit einer Stunde Verspätung losfliegen oder erst am Tag drauf. Angekommen also gestern Gott sei gedankt, also das hat der Taxifahrer für mich gemacht, dem Gott gedankt, und Luca mit dicker Coca-Backe war auch überrascht, dass ich schon da bin. Gleich krieg ich auch die Einführung in Packmasse, Satteltaschen, Batterien und Adapter, möglichst ausgeglichenes Gewicht links und rechts, Ersatzteile und Werkzeuge, Schlafsack, Zelt und Kocher im Trailer.

Aus der Vorstadt raus ist so ein Ding mit bepacktem Rad und Trailer. Schon ein richtiges Gefährt, das nicht so ganz flexibel ist wie mein Stadtvelo. Gleichgewicht ist alles. Luca der alte Indianer findet ohne zu Zögern die alte Strasse nach Caldera. Und die ist traumhaft. Zuerst über den Rio Leon der den Namen Rio noch verdient. Weit verzweigtes Gerinne und mitten in Kiesinseln ein Bagger und Laster. Aber da ist so viel Kies, da stört mich Kieslover nicht mal das. Hier dürfen sie dem Fluss ruhig etwas Kies klauen. Und dann, der Hangkante entlang auf einwandfrei asphaltierter Strasse – ich hatte von Schotter und Sandpisten gehört und alpgeträumt – allmählich in den immer dichter werdenden grünen Dschungel. Eine Passstrasse mitten in und durch den Nebelwald. Bromelien auf den gigantischen platanenartigen Bäumen 100faches Grün. Ab und an wird der Blick frei auf die vernebelten Bergkuppen. Oben sind wir dann tatsächlich in der Wolke drin und im warmen Regen. Die Regenklamotten, tadellos gepackt in der vorderen Satteltasche, schnell zur Hand und weiter geht’s. Allmählich kam der Hunger doch im Eifer aus der Stadt raus zu kommen hatten wir lediglich Wasser gekauft. Also mach ich auch dicke Coca-Backe und siehe da. Trockene Blätter, die man ordentlich einspeicheln muss und allmählich aussaugt. Das Hungergefühl vergeht und die Freude am über die Strasse Flyern wächst ungebremst. Ab und an eine Kuh oder n Muni am Wegesrand, die verwundert kucken. Eine Indiofamilie im Renault überholt uns ab und an. Ganz offensichtlich auch genauso begeistert von der grünen Hölle. Fotografiert ausgiebig wie wir. Sonst kaum Verkehr. Ein, mal über holt uns ein Backpacker Motorrad mit BE-Kennzeichen. Die Frau fest an ihren Berner geklammert, die Satteltaschen gut gefüllt. Los suizos son überall!

Quica/Humahuaca 23.2.2015

«Desayuno de munecas de Barby» schimpfte Luca, heute Morgen, tief über seinen Café gebeugt. Barbypuppenzmorge: Kleine croissant kleine Töstli, Mini Brötli und, die Messer sind auch eher aus dem Puppenahaus. Dafür individuell und der Rasen schön gemäht im grünen Hof. Nur der Swimmingpool leider nicht so, dass man wirklich reinspringen möchte. Macht sich aber gut auf Ebookers. Die hatten wir nämlich konsultiert, nachdem ersten drei schäbigen Hotels in Jujuy, wo wir letzte Nacht rasteten unverschämt teuer waren… Da war unsere Muneca-Abstiege dann doch grad noch preiswert.

Von Jujuy nach Quica durchquerten wir heute die Quebrada de Humahuaca. 120 Kilometer rund 1700 Höhenmeter. Wir schleppen viel mit, Ersatzbatterien, Ladegeräte, Zelt und Mätteli und Fahrradreperaturzeugs, man weiss ja nie. Die Velos auch recht schwer und der Trailer insgesamt mit Klamotten und Velo werden es wohl an die 110 kg sein je Gefährt und wir dann noch obendrauf. Aber mit E- Unterstützung lässt sich selbst dieses Gewicht bewegen ohne dass man gleich ans Limit kommt. Kaum vorstellbar, dass mein Bruder Simon, hier aus eigener Kraft durch die Anden gestrampelt ist, some time ago. Respekt.

Dem Rio Grande entlang gewinnen wir nach und nach an Höhe. Nur Leider gibt’s nur eine Strasse durch die Quebrada und die ist zuerst «Autopista». Reichlich ungewohnt auf der Autobahn Velo zu fahren. Da wo die Autopista schliesslich aufhört ist die «carretera del norte» immer noch reichlich befahren, Laster Busse, Pickups Motorräder überholen uns den ganzen Tag. Hupen, meist durchaus gut gemeint, aber brausen doch oft mit an die 100 Sachen an uns vorbei. Das ist mit der Zeit ganz schön anstrengend, wir hoffen es nimmt dann je weiter oben desto ab, war aber nix. Offenbar eine Transitstrecke. Am gefährlichsten sind die Überlandbusse, die kennen keine Bremsen. Aber dieser Stressfaktor geht bald vergessen im atemberaubenden Naturspektakel, das uns die Quebrada bietet. Ein Flussbett an die 5 km breit, weit verzweigte Wasserläufe die braun daherkommen. Die Strasse am Hangfuss, auch die Dörfer, da wos welche hat, an den Flanken. Das Tal unten gehört dem Rio Grande, der im Moment zwar gar nicht so grande ist aber offenbar schnell grande werden kann. Daher überall Warnschilder «en caso de lluvia» schnell weg. Zuerst sind die Talflanken noch saftig und grün, nicht mehr die Grossen urwaldartigen Bäume wie gestern, eher Gestrüpp, aber wild und unendlich dicht. Doch je mehr wir an Höhe gewinnen desto karger wird die Vegetation und desto heisser und direkter brennt die Sonne uns auf den Deckel, sodass wir uns dick eincremen, auch die Finger nicht vergessen und Luca sogar seine Banküberfallmütze anzieht. Ich setze mir gerne die fancy Dackel- Schildmütze auf damit Ohren- und Nacken auch geschützt sind.

Zwar ist das Fahren mit den E-Bikes wirklich kein Vergleich mit der Mühsal einer Mountainbiketour aber pedalen muss man noch immer und nach der gestrigen Euphorie spür ich schon meine Knie und das ungefähr nach Kilometer 20. Auch sonst zieht’s ein bisschen hier und dort, ein Spaziergang wird die Tour also nicht und ich bin froh, dass ich auch ein Säckli Cocablätter bekommen habe. Das Kraut ist jedoch schärfer als das gestern und meine Hamsterbacke wird allmählich etwas taub, dafür meine Beine wieder spritziger. Jetzt müsst ich wohl hier die unglaublichen Farben und Felsformationen beschreiben, die links und rechts in die Höhe ragen und sich nach jeder Kurve ändern. Aber was sich da abspielt, könnt ich nicht in Worte fassen und bin froh haben wir dafür die Fotos. Auch die werden nicht das live Schauspiel wiedergeben, das uns fasziniert aber Lucas Bilder zeigen grossartige Eindrücke daraus.

2 Uhr nachmittags sind wir oben, bei der Kreuzung, wo die Passtrasse nach San Pedro de Atacama nach Chile abzweigt und müssen beide zugeben schon ziemlich am Ende unserer Kräfte zu sein. Entscheiden uns drum in Purmamarca ein Restaurant zu suchen, die Batterien, unsere und die der Bikes aufzuladen, damit in der 2. Tageshälfte vermehrt auf den Turbomodus zurückgreifen können und so sicher bis ans Ziel kommen. Das cabrito y papas schmeckten gut, war zwar erstaunlich teuer, muss am Höhenzuschlag liegen?!? dafür haben wir zugleich unsere ganze Batterie Batterien durchgeladen und vom chefe sogar noch einen Mate bekommen.

Ich warte eigentlich immer drauf, dass es endlich mal wieder runtergeht. Tut es aber nicht und wird es wohl auch nicht so schnell. Unsere Tour durch den «Altiplano, die Hochebenen zwischen den beiden Andenketten steigt von Süden nach Norden kontinuierlich an bis nach La Paz el Alto. Nomen est Omen. Kein Entrinnen also. Die zweite Tageshälfte mit Turbounterstützung und dem allmählich weicher werdenden Licht war der Hammer. Wir machen viele Photostopps, fast ausschliesslich von Landschaften die uns fesseln und kommen aufn Trip. Sogar Pferde mit Windmähnen, wie im Kalender aber echt, werden zum Sujet. Rund 100 Fussballplätze haben wir wohl in den beiden Tagen passiert. Völlig absurd, oft out in the nowhere. Aber alle sehr charmant, rostige Tore, ungemähtes Gras, Sand oder Steppe, verlassen doch überall da im Land des Vizeweltmeisters. Vielleicht ein Sujet das man der Fifa verkaufen könnte?

Schliesslich entscheiden wir uns kurz vor der «Grossstadt» Humahuaca zu nächtigen und und kehren in Uquia unterhalb der Quebrada de las senoritas ein, wo wir nun in einer cabinita hocken, bzw. schon liegen, ich demnächst auch, nachdem wir bei Senorita Rosa eine lecker Quinoa Schnitte mit Käse überbacken und einen Salat aus ihrem eigenen biologischen Garten gekriegt haben.

Abra Pampa 24.2.

Heute Morgen haben wir uns etwas Zeit gelassen. Über Nacht hats geregnet und die frisch gewaschen Velo-Klamotten sind nasser denn je. Zuerst müssen wir dann eh noch in die Stadt, um Geld zu holen. Die Pesos sind uns ausgegangen. Am Dorfplatz eine Lange Kolonne vorm Bankomat. Der ein bewacht unsere Fahrräder der andere mischt sich unters Volk vor der Bank, die stoisch warten. Endlich, mit dem Geld in der Tasche, das bis zur bolivianischen Grenze reichen soll, wollen wir nix wie weg aus dem Kaff mit streunenden Hunden. Wir verlassen uns drauf, dass wir nach Plan nur 700 Höhenmeter zurückzulegen haben und beschliessen keine Zeit und Lust mehr zu haben um mehr Proviant zu kaufen. Ein klassischer Fehler! Unsere Karten sind nämlich nicht exakt genug. Humahuaca liegt auf 2900 und Abra Pampa unser Tagesziel auf rund 3600 Metern. Uns ist aber entgangen, dass dazwischen Höhe Inca Cueva sowas wie ein Pass liegen muss, an die 4000 Meter der uns buchstäblich den Schnaub raubt und uns die Energie aus den Beinen saugt. Andreas und seinem isotonischen Pulver das er uns dagelassen hat sei gedankt, das wir nicht vom Sattel gekippt sind. Aber nach Inca Cueva geht’s dann dafür tatsächlich runter! Grossartig. Wir lassen auslaufen auf der kilometerlangen Geraden vor unserem Ziel. Der Cerro Hunacar, eine riesige Sanddüne links mutet deplatziert an, keine Ahnung wie die hierherkommt, das müssen wir mal noch rausfinden, lassen sie aber im wahrsten Sinne des Wortes links liegen. Man soll hier sogar Sandboarden können. Bereits beim Eingang zum Dorf, rechts das Hostal «Ricon de los Suizos» klar dass wir hier bleiben über Nacht. Die Suizos haben sich hier aber auch dem Standard der Gegend angepasst. Die Zimmer schlicht funktional, uncharmant aber ok. Nur zu essen gabs in dem Strassenkaff nichts. Mussten schliesslich in einem Kiosk auf eine Fertigpizza zurückgreifen, haben dafür aber vom Inhaber noch eine Lektion in Regionalpolitik erhalten und was mit den Regierenden in Buenos Aires alles schiefläuft.

25.2.2016 La Quiaca/Villazon (an der bolivianischen Grenze)

Wir haben dazugelernt und uns vor der Weiterfahrt auf im Zentrum von La Pampa, wenn man denn bei diesem Strassendorf von einem Zentrum reden kann, mit Galletas, Erdnüssen, Turron eingedeckt, um nicht wieder in einen Zuckerast reinzulaufen. War gut so. Doch, kann man im Nachhinein sagen, von den bisherigen Touren hätten wir den Food heute wohl am wenigstens gebraucht. Zuerst weil es immer wieder so Strassensiedlungen gab und zum zweiten und jetzt bist du sicher überrascht, es geht bergab. Ja von Abra Pampa bis zur Grenze ganze 200 m, verteilt auf 80 km. Aber das glaubst Du jetzt nicht -sorry lese grad den Haas, da färbt das ab- das macht dann schon was aus, wenn du so pedalst. Das geht dann fast von alleine. Also das ganze rundherum sieht natürlich nun auch anders aus. Die «Quebrada» was eigentlich so viel heisst wie Schlucht aber eine Schlucht nicht wie du dir das jetzt vorstellst, an der Aare oder an der Linth, so eng, dass du kaum durchpasst. Nein die Quebrada-Schlucht, geformt vom Rio Grande, der eben grad gar nicht so grande war im Moment, weil nicht so viel «Precipitacion» also Niederschlag, aber breit manchmal sicher gefühlte 5 Kilometer das Flusbett voller Kies und verzweigter Flusslauf, aber das habe ich ja schon gesagt. Nun sind wir also in der Puna gelandet. Da ist dann links und rechts von der Strasse so megaflach und die Strasse geht schnurstracks durch geradeaus und eben ein bizzeli durab. Offenbar gibt die Ebene hier agrotechnisch nicht so viel her. Lamas weiden, die schauen ganz schön neugierig. Ab und an eine Kuhherde aber nicht dicke fette, eher die magere Sorte und alles extensiv wies nur sein kann. Wir haben dann die Strategie wieder aufgenommen an der Tankstelle erstmals Kaffee zu trinken und über ebooking, passt ja auch zu ebiken, raus zu finden ob und wos was zum Schlafen gibt. So sind wir dann hier in einem netten Backpacker hostal gelandet, nicht ganz so local aber für das was wir so wollen ganz angenehm. Drum haben wir uns auch entschieden hier einen Velofreitag einzulegen und uns zu regenerieren, zu schreiben, Bilder zu bearbeiten und den Blog zu füllen. Nur das geht leider grad nicht, weil das Internet im ganzen Kaff zu schlapp. Planen also wies in Bolivien weitergeht. Irgendwann wird dann die Aspahltstrecke aufhören aufm Weg nach Uyuni aber bis Tupiza morgen das sollte noch glatt laufen. Dort sehen wir dann weiter.

Tupiza – Bolivia 27.2.16

Hier sind wir nun also angekommen in Tupiza am Ende der Aspahltstrecke. Es ist erst 3 Uhr nachmittags und wir haben schon eingecheckt bei Roberto. Das ging alles ganz flott heute. Wider Erwarten. Sind früh raus heute. Marcela, die vom Backpacker Hotel, hat uns das Frühstück parat gemacht. Mit ihrem selber gebackenen leckeren Kornbrot. Sonst gibt’s ja hier nur diese weisse Pampe. Davon kriegt ich nur schon Magenschmerzen wenn ichs anschau. Also um 7 Uhr waren wir schon beim Zoll unten. Aber zu früh gefreut, ganz die einzigen mit dieser Idee waren wir nicht und haben uns zwischen israelische Rucksackturis und Indios eingereiht in die Schlange einmal von vorn, Ausreise aus Argentinien, dann von der anderen Seite Einreise nach Bolivien. Keine Fragen alles glatt durchgewunken, Geld gewechselt mit einer ganzen Beige Bolivianos durchgestartet so gegen 8. Man hat mich aufs Schlimmste vorbereitet in Bolivien, hart und rau seien Land und Leute. Man muss aufpassen, dass sie einen nicht ausrauben. Die Frauen können auch mal zuschlagen, wenn der Busfahrer z.B. nicht so tut wie frau will. Luca hat ein paar Anekdoten bereit von den kargen, bärbeissigen Bolivianos. Jedoch noch nie so viele winkende Hände und Likes aus fahrenden Autos wie heute und dies obwohl fast kein Verkehr. Wir richtig glücklich endlich angekommen zu sein in Bolivien. Noch einwandfreier Asphalt. Quer durch die Steppe oder Pampa oder Wüste? Viel ausser Steinen und Dornenbüschen gibt’s hier nicht. Nur einmal eine Herde Ziegen mit ihrer Hirtin, die bergan ziehen. Aber das war dann schon. Dort, wos wieder anfing hügliger zuerst und dann gebirgiger zu werden. Seitenttäler dem Rio Tupiza zufliessen. Sogar ein Gümmeler ist hier unterwegs. Das lässt uns schnell unsere Guetzlipause abbrechen. Luca springt auf sein Gefährt und fängt ihn noch im Anstieg ab, überholt ihn mit Satteltaschen und Trailer locker. Der bolivianische Rennfahrer wird wohl seine Trainingseinheiten verdoppeln oder verdreifachen ab morgen oder mit dem Radfahren aufhören. Bei der Abfahrt kommt uns ein sanfter warmer Wind entgegen und ist der Vorbote eines unfassbar schönen Hochtals, das sich nun öffnet. Maisfelder, Lehmhütten, spielende Kinder, weidende Pferde, rote Felseinschnitte, blauer Himmel, weisse Wolken, weit weit weg ein Donnergrollen. Das dann doch näher kommt als uns lieb ist. Wir sind früh dran heute und suchen uns daher eine Scheune, wo wir notfalls unterstehen dürfen, «claro, no hay problema», sagt der campesino. Die schwarze Wand zieht an uns vorüber.

So wie es aussieht ist die Strecke manch Uyuni nicht mit dem Fahrrad zu bewältigen. Offenbar gab’s starke Regenfälle und die Strasse ist zum Teil abgespült, hat viele Löcher und Baustellen, weil sie dran sind sie zu asphaltieren. Oft soll es aber auch einfach Sandpiste sein. Alle die wir fragen, Buschauffeur, Taxifahrer, Lastwagendriver und unser dueno raten uns ab. Uns bleibt der Umweg über Potosi, das wären dann rund 450 zusätzliche km oder der Verlad unserer Velos um an den Salar de Uyuni zu kommen.

Death of a Lake

/ Bolivia

We continue by foot walking straight toward the distant silhouette of a fishing boat, floating on the edge between lake earth and sky.
In the village of Llillipati, 48 year old Manuel Chorus Huanco started fishing in lake Popoo at the age of ten with his father. He keeps his fishing nets at home ready. The last time he saw a fish was three years back.
In the town of Oruro during the monthly meeting of the Oruro Fishermen’s federation. An organisation that represents 736 families and 17 fishing cooperatives directly affected by the disappearance of lake Popoo.
We come across a Flamingo skeleton encrusted in the crusty mud then another one and another one. Countless birds must have died here others must have taken flight.
Community leaders and elders chair the meeting of the Oruro Fishermen’s federation.
Unwilling at first, after a few volunteers the fishermen and women their leaders begin appear in front of my lens. It’s a fast portrait session four or five clicks per person or group. We write down names and the names of the community they belong to. Later I’m told that it would be better not to publish them, as people are afraid of possible government’s reprisal.
The river Sevaruyo only trickles into Lake Popoo basin for lack of rain.
In 2014 on November the 18th more then 30 millions fishes died at once according to Juan Toroni Lapaca head of the Oruro fishermen’s cooperatives.
The drying of lake Popoo has happened in the past but now the fishermen and women are afraid that the lake will stay dry forever.
The sky is blue, islands simmering in front of us. Everything is light or mirroring light glaringly intensely blindingly. For a moment it feels as if we’re walking on water as the sky is reflected on the dry lake’s surface.

From the distance a glimmer of light, it must be the sun reflecting on the lake’s surface. We’ve been told at the Fishing village of Llillipati that a little water has come back. They also told us that the last time they saw a fish was three years back. People here keep their fishing nets at home ready. The boats are out on the dry lake waiting for a miracle. We approach the shores of lake Popoo on the FLYER eBikes pedalling inwards in Turbo mode as much as possible, until the mud becomes too heavy and we start to skid and sink. We continue by foot walking straight toward the distant silhouette of a fishing boat, floating on the edge between lake earth and sky.

Beside us in a marshy area a small stream of clear water flows towards the lake; a group of Flamingos pick in it and leave in a leisurely pace as we approach them. Our feet sink in a white salty mud that is turning crusty. We come across a Flamingo skeleton encrusted in the crusty mud then another one and another one. Countless birds must have died here others must have taken flight.

Tons of fish have been easily taken out during the gradual shrinking of the lake until the fish died apocalyptically. In 2014 on November the 18th more then 30 millions fishes died at once according to Juan Toroni Lapaca head of the Oruro fishermen’s cooperatives.

We walk and walk the ebikes disappear in the distance. The sky is blue, islands simmering in front of us. Everything is light or mirroring light glaringly intensely blindingly. For a moment it feels as if we’re walking on water as the sky is reflected on the dry lake’s surface.

In the town of Oruro we’re invited by Sister Roxana head of Caritas Oruro to attend the monthly meeting of the Oruro Fishermen’s federation. An organisation supported by Caritas Oruro that represents 736 families and 17 fishing cooperatives directly affected by the disappearance of lake Popoo.

Community leaders and elders chair the meeting. The basketball field sized hall is filled with about 120 people. The place has no ventilation it smells strongly of the coca leaves that are chewed profusely. Sister Roxana introduces me; thanks to her introduction I’m able to portrait the people in the hall. Unwilling at first, after a few volunteers the fishermen and women their leaders begin appear in front of my lens. It’s a fast portrait session four or five clicks per person or group. We write down names and the names of the community they belong to. Later I’m told that it would be better not to publish the names, as people are afraid of possible government’s reprisal.

Here we learn more about the drying of Lake Popoo. In October we’re told you can walk from one shore to the other of the lake or from Llillipati to Orinoca, the birthplace of Bolivia’s president Evo Morales, without getting your feet wet.

Fishermen and women tell us that the drying of the lake is partly due to droughts combined with the steady rise in temperature and evaporation rate due to climate change. But the main culprit they say is the diversion for mining and agriculture from the Desaguadero River, the source of 90% of the lake’s water. They also blame a dam constructed in the town of Desaguadero by the Titicaca Lake under an international agreement between Bolivia and Peru. The agreement they say favours Peru heavily allowing only a little water to flow into the Bolivian side unless the lakes risks overflowing.

The drying of lake Popoo has happened in the past but now the fishermen and women are afraid that the lake will stay dry forever. They are asking the government to help them with food and shelter and alternative means of living. Most of all the leaders, are convinced that a constant dredging of the Desaguadero riverbed would be golden bullet solution, allowing the waterflow to reach the lakes catchment area again. An expensive plan.

Diario Fortsetzung

/ Bolivia

Uyuni 28. und 29.2.16

So und jetzt kannst du mal raten wie wir nach Uyuni gekommen sind. Dann kannst Du auch gleich sehen, wie gut du uns kennst.

a) Wir haben den Umweg über Potosi mit dem Flyer Schnelltempo auf der asphaltierten Strecke unter die Räder genommen.

b) Wir haben alle Ratschläge in den Wind geschlagen und haben die Schotterpiste mit unserem Gefährt in Angriff genommen: wir sind ja schliesslich nicht aus Pappe.

c) Wir haben auf den Zug gewartet der heute Montags von Tupiza nach Uyuni gefahren ist und unsere Fahrhabe in den Güterwagen verfrachtet

Habe also aus CH schon die Rückmeldung bekommen, das sei alles chli lang zum Lesen aufm Händy und so. Tatsache ist, dass in diesen Tagen, auch wenn gar nicht so viel los ist, doch soviel passiert. Heute extrem. So, dass der Luca schon weggeknackt ist und es ist erst knapp vor zehn. Aber ich werde versuchen zu kürzer zu werden. Versprochen. Weil es ist ja vielleicht auch nicht so wichtig für euch wie unser zmorgen aussieht und wann wir wo wieder abfahren und ob wir schon wieder Proviant gekauft haben.

Aber nun zur Auflösung des Rätsels. Die die es schon wissen, haben es hoffentlich noch nicht verraten. Es stimmt nämlich d) Wir haben die Velos, Trailer und Satteltaschen auf den Toyota Pickup von Emilio gepackt und sind Richtung Atocha losgerattert und haben dann die letzten rund 40 Wüstenkilometer vor Uyuni wieder mit den Pedalen bestritten. Also etwas ein Mix aus b und c aber eben nicht Zug sondern Toyota.

Weil Emilios korpulente Frau auch mitwollte gabs dann für uns beide nur hinten auf der Pritsche einen Platz. Wir also, wie richtige Indianer, vermummen uns und setzen uns auf den Holzklotz, Rücken zur Fahrerkabine. Gut ab und zu sind wir auch aufgestanden weil gerattert hats ja wie blöd und im Stehen haben wir uns gefühlt wie Brad als es auf der Titanic noch gut ging. Nur eben nicht Meer und auch nicht mit der Geliebten aber glücklich von Szenerie durch die wird da tauchten den faszinierenden Farben der Felsen, dem lauen Fahrtwind, dem Gefühl der Freiheit. Auch, dass wir nicht selber die immer steiler werdende, nie enden wollende Holperpiste bestreiten müssen, hat uns unsere Entscheidung, angesichts der Verhältnisse, bestätigt. Immer mehr Pfützen, schon fast Teiche in die der Toyota mutig eintaucht und immer einsamer wird es auch.

Haben uns nach rund drei, vier Stunden Schüttelpartie gefragt, die wievielte Batterie wir nun wohl verbraucht hätten und ob sie denn noch gereicht haben würde bis Atocha, dort wos dann wohl wieder Nachtlager und Strom gegeben hätte. Niemals wären wir da durchgekommen. Die Strasse windet sich unendlich dem immensen Himmel entgegen immer höher hinauf. Und die wollen sie ja auch ausbauen die Strasse, ein unendliches scheinendes Werk. X Durchlässe für Seitentäler, Einschnitte in Bergflanken und dann planieren alles und teeren. Unterwegs überall «desvios» also Umfahrungen um die Bautrupps. Arbeiter mit roten Overalls und Helm und Sonnenbrille und Tuch. Sehen aus wie Legomännchen. Das musst Du Dir mal auf nem Foto von Luca anschauen. Echt schräg. Auch die Fahrbahn, die sie in die unendlichen Berge fräsen wegen der Dimensionen der unendlichen Weite. Wie im Sandkasten alles. Und die Farben, ein Trip.

Am Abend haben wir dann hier noch recherchiert wo jetzt diese Lithiummine ist. Morgen wollen wir mal sehen ob wir dahin kommen. Und träumen werde ich wohl von den Lamas da oben wo Anden und Himmel zusammenstossen. Die haben alle so bunte Bömbel an den Ohren. Echt lustig sieht das aus und die schauen ja auch so neugierig oder gumpen eigenartig davon und verschwinden zwischen dem Dornengestrüpp.

Sevaruyo 2. März 2016

Jetzt sind wir wirklich out in the nowwhere. Obwohl immerhin noch am highway to heaven gelegen ist dieses Sevaruyo. Der brandneuen Verbindung von Uyuni nach Oururo. Ein Belag vom feinsten. Rabenschwarz und vermutlich sogar noch mit Silberpartikeln versetzt. Funkelt auf jeden Fall im Gegenlicht wie glitzernder Schnee. Strassenbau scheint Programm im Estado Plurinational de Bolivia unter Evo Morales. Die Strasse eins A, Verkehr aber fast keiner. Was uns natürlich recht ist. Fragen uns dann aber doch was das den Leuten bringt. Offenbar gibt es wenige, die sich ein Gefährt leisten können, um drauf zu fahren. Trotzdem, alle die wir treffen scheinen mächtig stolz auf die neuen Verbindungsachsen. Unser Alojamento heute für 20 Bolivianos also knapp drei Stutz. Zwei durchgelegenen Matratzen mit zig Wolldecken drauf, die wir erstmal wegnehmen und unseren Schlafsack drauf ausbreiten. Die Glühbirne hängt lose von der Decke aber Hauptsache Strom! Damit wir unsere Batterien wieder aufladen und fortkommen morgen.

Unterdessen scheinen wir uns akklimatisiert zu haben, bewegen uns um die 3700 M ü. Meer plus minus 100 zweihundert Meter. Und kommen ganz gut voran. Heute warens rund 120 Kilometer die wir abgeflyert haben. Start in war in Colchani am salar de Uyuni, wo wir unter einem gigantischen Sternenhimmel gepennt haben, nachdem wir uns im noblen 4 Sternhotel am Buffet mit lauter Japanern und Chinesen die Bäuche vollgeschlagen haben.

Leider konnten wir mit den Velos nicht über salar fahren zur Insel Incahuasi. Es war zu viel Wasser. Hatte ein paarmal gewittert, ist ja eigentlich auch Regenzeit. Aber was da auf diesem Salar de Uyuni abgeht ist ja wirklich unbeschreiblich. Karavanen von Offroadern fahren im Minutentakt Turis auf den See. Die kommen natürlich auch durch das kniehohe Wasser. Aber das kann ich ja auch. Unterer Teil der Hose weg und rein. Schon werde ich zur Turiattraktion. Man läuft durchs Wasser auf Salzsee. Die Likes und Snapshots aus den SUVS fliegen mir entgegen.

Also in Uyuni hat leider einiges nicht so ganz geklappt, wie wir uns das vorgestellt haben. Wir wollten zu Lithiums-Förderungs-Pilotanlage, um eine kurze Reportage über die Lithiumförderung zu machen, weil das steckt ja auch in unseren Batterien für den Flyer. Der offizielle Weg geht über die staatliche Minengesellschaft Comivol. Und dort verlangt man eine Genehmigung aus La Paz. Bedeutet, die muss man sich dort besorgen oder wohl eine Woche Telefon und Emailverkehr erdulden. Also streichen. Die beiden Senoras aus dem Hotel haben uns aber wieder Mut gemacht. Weil die eine hat einen Cousin, der in der Planta arbeitet und der kann uns sicher mit reinnehmen, morgen. Wir schon voller Hoffnung, klar, kaufen und Tickets nach Rio Grande, wo die Anlage steht. Kommt der Cousin Willliam etwas später selbst vorbei, zerschlägt sich unsere Hoffnung wieder. Er kann uns hinbringen- für ein paar Bolivianos ist ja klar – aber wir können die Anlage nur von aussen fotografieren, dürfen nicht rein. Lithiumförderung also quasi Staatsgeheimnis.

Chalapata 3. März 2016

Wir sind angelangt am See, den es nicht mehr gibt seit Weihnachten. Desaparecido, verschwunden, aus fertig, weg ist er. Ausgetrocknet. Fische tot, Flamingos auch oder fort. Wüste. Alles nur noch Fata Morgana. Weil wir zuerst von weitem aufm Rad runter geschaut haben sind wir drauf reingefallen. Dort hat es doch Wasser aber beim Näherkommen: alles Blendwerk. Einige Tümpel gibt’s grad noch. Dort hocken sie auch, die letzten überlebenden Flamingos. Etwas weiter draussen die Boote die auf dem Trockenen sitzen. Zeugen einer vergangenen Fischerei. Der «pesce rey», der Königsfisch war hier der Brotfisch und willkommene Abwechslung zum gebratenen Rind- und Pouletfleisch. Llapallapani eine Kommune von rund 100 Fischern muss sich was anderes einfallen lassen. Manuel Chorus Huanco der ehemalige Fischer ist zum Maurer mutiert und baut sich und seiner Familie ein neues Haus aus Ziegelstein um seine Lehmhütte herum. Viele gehen arbeiten, nach Oruro, La Paz, Santa Cruz oder aufs Land. Aber sie kommen zurück. Bisher hat niemand sein Haus verlassen. Auch wenn sie ein Jahr weg sind. Die Einwohner von Llapallapani kehren zurück. Andere machen Hüte, wir begegnen auf der sandigen Strasse einer Frau, die im Gehen Lamawolle spinnt. Verlassen scheint das Dorf nur auf den ersten Blick. In der Schule wimmelt es von Kindern, denen in der Pause das ganze Dorf gehört. Sie umzingeln uns neugierig und schüchtern zugleich.

Hier in Chalapata soll am Samstag Quinoamarkt sein. Produzenten und Käufer treffen aufeinander verhandeln über Qualität und Preis. Überall auf unserem Weg haben wir sie gesehen, die Quinoafelder. Getreide das in diesen Verhältnissen, sandigen Böden, extremen Temperaturschwankungen, grosser Trockenheit gedeiht und das es mittlerweile auf den Weltmarkt geschafft hat. Im May soll die neue Ernte eingefahren werden. Was offenbar jetzt schon klar ist: der Preis ist gegenüber dem Vorjahr auf einen Viertel zusammengesackt. Wir entscheiden dann morgen ob wir noch bis Samstag hier warten oder schon Richtung La Paz weiterreisen. Oruro wäre die nächste Stadt rund 100 Kilometer nördlich am anderen Ende des Poopò-Sees, beziehungsweise des verschwunden Poopò-Sees.

Oururo 4.3.2016

Razna Poopo Marchacamarca SoraSora KalaKala. Nein das hat nichts mit dem Dada Jubiläum zu tun. Das sind die Orte an denen wir heute vorbeigebrettert sind. Und wenn ich sage gebrettert, dann meine ich megaschnell durchgflyert. Kilometerfressen heute entlang des ausgetrockneten Poopò.

Ein kleiner Abstecher in einen Lehmhüttenweiler hat uns zu Augenzeugen einer Lamametzgete gemacht in einem Hinterhof. Ein abgeschnittener Lamakopf, ein Kübel voller Blut. Das Vieh enthäutet. Der Schlächter grad dabei ihm den Bauch aufzuschneiden, besser brechen und das Gedärme rauszuholen. Draussen, auf der anderen Seite der brusthohen Lehmsteinmauer das nächste Opfer mit gebundenen Beinen und verbundenen Augen harrt es der Dinge die da kommen. Ich Flashback an unsere Stör-Metzgeten in Böiju. Der Gestank nach Eingeweiden und warmem Blut, das wir Kinder jeweils mit dem Schwingbesen rühren mussten, damit es nicht gerinnt, bevor es gewürzt und in die gewaschen Därme zur Wurst gegossen wurde.

Wir haben schnell genug gesehen, nein, das hier ist nicht ein ehemaliges Fischerdorf wo wir Auskunft erhalten, wie es nun weitergeht nachdem der See ausgetrocknet ist. Nach rund 100km fahrt sehen wir von weitem Oururo, unser nächstes Etappenziel. Eine Minenstadt am nördlichen Ende des Poopò-Sees. Durch die staubige abgasgeschwängerte Vorstadt radeln hupend und klingeln wir ins Zentrum. Eine Staubmaske schützt uns vor akuter Atemnot. Wir sehen aus wie zwei Aliens inmitten von Kleinbus-Taxis; klapprigen SUVs und Lastern, schaffen es aber dank jahrelanger Stadt-Veloerfahrung uns durchzukämpfen zur nächsten Dusche.

5.3. Oururo again

Luca hat über seine Kontakte eine Einladung gekriegt zur Vollversammlung der Fischer des Poopò Sees. Diese Chance mit den Leuten zu reden und direkt mitzukriegen wie ihr Kampf um den verlorenen See aussieht wollen wir uns nicht entgehen lassen und entschliessen uns 1 Tag in der Stadt zu bleiben auch wenn wir keine vernünftige Bar gefunden haben am Vorabend und auch sonst nicht besonders Bock auf Stadt haben. Dafür bleibt Zeit die Portraits und Interviews mit den Uru- Urus, den Menschen vom Wasser und mit den Aymaras zu bearbeiten. Wer weiss vielleicht interessiert sich in Europa jemand dafür

7.3. La Paz

Jetzt pass auf, das sind 2 Tage in einem, das hast Du sicher mitgekriegt. Einmal weil gestern war ich zu faul 2mal weil die rund 220km Fahrt nach La Paz in 2 Etappen: Oururo-Chalapata; Chalapata-La Paz sich etwas ähnlich sahen. Windschattenfahren auf dem Pannenstreiffen am Morgen, um möglichst viele Kilometer zurück zu legen. In einer Zwischenetappe anhalten und sich in einer tienda, einem einfachen Restaurant – da gibt’s immer sopa mit allem möglichen drin aber Hauptsache verkochte Teigwaren und zum Segundo arroz mit irgendeinem Fleisch und manchmal Kabis oder Ziwebeln und Tomaten – nach einer Möglichkeit umsehen eine Batterie nachzuladen, damit man zweifelsfrei den nächsten Etappenort erreicht. Weil ohne E-Unterstützung und wie oft im Altiplano-Gegenwind sind unsere beladenen Bikes samt Trailer schwer zu bewegen. «Das möchtest Du nicht erleben», meint Luca zur Aussicht, dass die Batterien irgendwann unterwegs alle sind. Und wo er recht hat, hat er Recht.

Diario Boliviano Part III

/ Bolivia

Coroico 8.3. bis 11.3.16

Tja das war jetzt ein etwas längerer Aufenthalt in den Yungas drüben. Teilweise geplant aber auch, weil unsere «Poderosa 1» ein defektes Hinterrad hatte und es etwas gedauert hat, bis wir das wieder geflickt gekriegt haben. Noch nie fühlten wir uns Che und Alberto so nahe. Bei denen ist ja kaum ein Tag vergangen, ohne dass sie an ihrem Töff rumgeflickt haben. Aber nun scheint alles wieder rund zu laufen.

Die Yungas sind quasi der Übergang zwischen den Anden und dem bolivianischen Tiefland im Amazonasbecken. Völlig anderes Klima als oben auf dem Altiplano. Kaffee, Bananen, Platanos, Zitrusfrüchte und Coca wachsen da. Letzteres wird in kleinen Parzellen, die dem dichten Wald abgewonnen werden, an unglaublichen Steilhängen angepflanzt. Da würde bei uns einer nicht mal mehr heuen, ausser der Berglandwirth vielleicht, mit seinen Untertanenländlern. Aber um da hinzukommen mussten wir uns aus dem La Paz-Kessel zuerst mal hocharbeiten auf die «Cumbre». Das ist die Passhöhe auf 4700m.ü. M. Zum Glück konnten wir unsere Trailer beim Luis zurücklassen und waren so etwas leichter unterwegs. Elegante umkurvten wir die Minivans-Taxibusse im Aufstieg. Die Stadt zieht sich ja unendlich weit hoch. Auf ca. 4200 oder 300 Metern waren immer noch Häuser und Stände, Strassenküchen und ganz viele Reparaturwerkstätten für die lädierten Laster und Busse, die zu Schaden gekommen sind bei der Passfahrt.

Die Idee war ja, hinten runter – man fährt von vier sieben auf neunhundert Meter runter! – die «carretera de los muertos» zu nehmen. Das ist die alte Strasse, wos teilweise hinter Wasserfällen durchgeht und wos zum Teil sechshundert Meter in den Abgrund abfällt. Früher ist da der Verkehr in beiden Richtungen rauf und runter und an den prekären Stellen hat einer gewohnt und den Verkehr mit roten und grünen Flaggen durchgelotst. Trotzdem sind etliche abgestürzt. Die gefährlichste Strasse der Welt solls sein. Aber jetzt Turiattraktion. Die fahren einen mit Bussen hoch. Bike auf dem Dach und dann geht’s ab. Wenn dus überlebt hast kriegst ein «Carretera de los Muertos Survival-T-Shirt»:)

Aber für uns ists soweit eben nicht gekommen, weil Radlager an Poderosa 1 schon im Aufstieg geächzt hat und sie drum auf Toyotabrücke musste, samt Fahrer. Nur dieser dasmal vorne, weil keine Lady auf dem Beifahrersitz. Die Abfahrt durch die gefühlten 5 Klimazonen , von Bergwetter mit kalten Ohren, über Regenschauer, zu mystischen Nebelbänken, gemässigten langen Kurven bis hin zu Zürisommerwetter und dann tropischehheissfeuchte Talsohle, wo du dann wirklich auch nur noch im Unterhemd weiterpedalst. Auch, verdammt das war so nicht geplant, von der Talsohle nach Coroico gehts dann doch nochmal einen Tusiger ufe, zum Schluss. Ich also ich ziemlich geknüttelt angekommen und Luca schon beim Bier. Und, die Todesstrasse habe auch ich rechts liegen lassen. Zweimal ist die Aufforderung schwarz auf gelb unmissvertändlich gekommen sich mit dem Velo auf die carretera zu begeben. Aber alleine wollte ich nicht sterben und zudem Nebel und keine Ahnung wie lange das dauert. War ganz froh hatte ich ne saubere Ausrede und bin die Asphaltpiste runtergeblocht, das ist auch besser für die Handgelenke, nämlich.

Coroico ist ja auch eine ganz angenehme Adresse, um etwas abzuhängen. Etwas turistische Infrastruktur aber immer noch genung boliviauthentisch. Immerhin, es gibt einen sagenhaften Italiener – von einer Französin geführt und einen super Mexikaner. Excellente tacos von einem manischen Bolivianer und zu guter Letzt eine aufgeräumte deutsche Kaffe-Terasse mit holländischem Akzent.

Vorgestern hats dann zwar nur geschifft. Tropisch warm aber so dass die Bäche rostbraun durch die Strassen gelaufen sind und ich mich fest an meine Tage damals bei den Uzachi in den Bergen Oahaxas erinnert habe. Endlich den Haas fertig lesen, wird ja auch mal Zeit, dass der Brenner seien Fall gelöst bekommt! Gestern dann hats aufgeklart und ne Mountainbiketour zu den Cascadas lag drin. Aber da musste man dann Velo an einer Stelle schultern, weil ein Bach zu einem mittleren Fluss geworden ist und einen meterhohen Schutt und Schlammkegel auf dem Feldweg zurückgelassen hat. Zum Glück gabs hinten bei den Cascadas Becken, wo man reinspringen konnte und sich den Schlamm wieder von den Füssen waschen.

La Paz again 13.3.2016

Um an den Titicacasee zu kommen führt der Weg zurück, hoch über die Cumbre und dann wieder runter in den Hexenkessel. Mussten ja zudem die Trailer beim Luis in La Paz abholen und uns fit machen für die Fortsetzung Richtung Copacabana. War fast ein bisschen wie ein Heimkommen beim Luis. Das Richtige, ursprüngliche Copacabana, unser nächster Etappenort, liegt nämlich in Bolivien am Titicacasee.

Achacachi 14.3.2016

Übernachtungsmässig sind wir glaub auf dem Tiefpunkt angekommen. Unser Dormitorio hat grad mal 8 Quadratmeter ein Bett steht quer, eines längs. Durchgelegenen Matratzen, fast schon Hängemattenstyle. Aber das Wichtigste: eine funktionierende Steckdose wo unsere Batterienbabys bereits fröhlich vor sich hinblinken. Die Garantie sozusagen morgen hier wegzukommen.

Die Strassen von La Paz hoch zur Agglo Stadt El Alto sind oft so steil, dass wir sie mit unseren gepackten Satteltaschen und beladenem Trailer nicht mal im Turbomodus mit Vollpedalen meistern konnten. Ausserdem ist El Alto die schnellst wachsende Agglomeration Südamerikas, die in alle Richtungen endlos in den Altiplano raus wuchert. Verkehrchaos, kannst du Dir vorstellen, inbegriffen. Noch mehr als ichs mir habe vorstellen können, da Sonntag und daher «feria» also die halbe Stadt mit Markt, Garküchen, Klamottenständen belegt ist. Da musst Du schon wissen wie du das umfahren kannst.

Der Entschluss kurzfristig auf motorisierte Unterstützung zurückzugreifen, um aus dem Gewirr raus zu kommen, ist drum einstimmig und schnell gefallen. Schneller als die Verhandlungen mit den Taxistas, die wollten dann eben mehr al abgemacht wegen ferias und so. Auf x Schleichwegen durch das EL Alto Gewirr haben sie uns auf der Autopista Richtung Titicacasee abgesetzt haben. Grad dort wo die grosse Baustelle begonnen hat. Nichts von orangen Schilder, die die Umfahrung eindeutig signalisieren. Vergeblich suchst du an jeder Hausecke Pfeile, die dich unmissverständlich weiterleiten und wieder zurückbringen auf die Spur. Wir also schon wieder auf irgendwelchen holprigen Umfahrungstrassen, hin und her durchs Quartier bis wir es schliesslich ganz aufgeben und auf der Baupiste selber den Ausgang aus dem Labyrinth finden.

Zurück also auf dem Altiplano gen Norden. Im Osten die leuchtenden Spitzen der Cordillera Real. Den Nevado Ilimani 6402m durften wir schon aus dem Küchenfenster in La Paz bewundern, wenn sich denn mal die Wolken gelichtet hatten. Ist schon eindrücklich, bist auf 4000 Metern, glaubst oben angekommen und da geht’s dann einfach nochmal so locker 2500 Meter rauf.

Die Strasse hat genervt. Alle gefühlte 500 Meter ist wieder so ein «deviso» gekommen. Eine Baustelle wo nix gebaut wird, der Asphalt aber aufgerissen und staubige Holperpiste über die die Taxis, Busse, Laster und Offroader ohne Bremspedal drüberbrettern und wir in der Staubwolke versinken. Da kommt man auch gar nicht so richtig in den Rhythmus von wegen «runder Tritt» und so. Wie auch immer. Nach 75 «keis», wie Amigo Luca zu sagen pflegt: Wasser in Sicht. Und diesmal echt. Keine Fata Morgana wie am Lago Poopò. Wir sind am Titicacasee, dem Sagen nach der Geburtsstädte der Inkas, angelangt.

In Huarina, dem ersten Ort am See Treffen wir auf Artgenossen. Pablo und Olga, ein «pareja» wie er grad zu Beginn deutlich macht, aus Spanien, sind seit dreieinhalb Jahren mit dem Velo unterwegs. Von Alaska nach Patagonien. Entsprechend ihre Oberschenkel- und Arschmuskeln. Mit von der Partie auch Jhonatan, der Colombiano, den sie unterwegs getroffen haben und zwischenzeitlich gemeinsam pedalen. Zusammen hocken wir an einem der Plastiktische an der Strassenecke. Sie bieten uns Neskaffee, heisses Wasser und azucar an, berichten von ihrer Strecke durch Peru und Ecuador während wir von unseren Abenteuern in Argentinien und Bolivien erzählen. Welche Strasse asphaltiert, wie der Verkehr, wieviel rauf und runter, wos besonders schön, ob und wos Schlafmöglichkeiten gibt, wie man unbehelligt über die Grenze kommt.

Als Olga dann unsern Flyer ausprobiert ist ihr Kommentar: «El turbo da miedo». Im Turbomodus hat sie Angst gekriegt vor der Beschleunigung, sagt sie. Uns ist es fast etwas peinlich, dass wir so «hochgerüstet» unterwegs sind. V.a. im Vergleich zu Julians Bike. Er hat sich aus Plastikkübeln selber Satteltaschen gebastelt, die er mit einem ausgetüftelten System von Schnellspannern an seinem Rad festmacht. Den Ersatzpneu hat er irgendwie um die Sattelstange gewickelt. Am Lenker baumeln ein paar abgetretene Wanderschuhe. Gleichzeitig merken wir aber auch ihre Bewunderung für unsere Räder und Trailers. Fachmännisch werden Halterungen, Federung, Brems- und Schaltsysteme untersucht. Ein bisschen Neid schwingt mit. Zum Schluss ein Fototermin, eine herzliche Umarmung «buen viaje» und ab. Sie da wo wir herkommen und umgekehrt.

Copacabana 14.-16.3.2016

Hier ist eigentlich der geplante Schluss der Bolivienetappe. Copacabana, ein würdiges Etappenziel, das wir fahrplanmässig fast eine Woche zu früh erreicht haben. Das gibt uns Zeit etwas abzuhängen, lesen, Musik hören und unsere Geschichten aufzubereiten. Die Fahrt entlang den Ufern des Sees; ein Traum. Im Grunde genommen sind es zwei Seen. Der Lago minor im Süden und der Lago superior, der grössere also, im Norden. Verbunden mit einem Art Bosporus. Die Überfahrt auf einer primitiven Holzfähre, vorne ein bemalter Turibus, passt hintendran grad noch ein Minivantaxi. Wir aufgereiht auf der einen Seite daneben mit unseren Flyern. Auf der rechten Seite zwei Motorradhelden, die uns vorher noch mit einem lässigen Daumenhoch überholt haben, bei der Anfahrt zum Hafen. Der See ist spiegelglatt, zum Glück. Irgendwie wirst du das Gefühl nicht los, der Bus hätte seinen Schwerpunkt etwas gar weit oben und ein heftiger Wellenschlag könnte das ganze Bagage zum Kippen bringen. Also das denken halt die «Gringos», die Locals haben für diese Befürchtung nur ein müdes Lächeln übrig. «Nunca» ist sowas vorgekommen und wird auch «nunca» passieren. So auch heute nicht.

In gewunden Strassen geht es wie am Peleponnes die Küstenhügel hoch. Auch die Vegetation ist mediterran, also so kommts mir zumindest vor. Wenn man das biologisch analysieren würde wohl untauglicher Vergleich. Aber du weisst was sich meine. Warm, rauh, Dornengebüsch. Mimosen?-duft und ätherische Note der gefällten Eukalyptusbäume. Letzteres stimmt zweifelsfrei! Und immer wieder wird der Blick frei auf eine nächste Bucht. Tiefblau unter uns. Und alles ruhig. Kaum Schiffe. Kaum Verkehr auf der Route. Eigentlich erstaunlich, beides. Auf dem Zürisee wäre es voll mit Segelbooten und Motorjachten und «in Kolumbien würden hier die Jetskis um die Wette flitzen», so mi amigo Luca.

Die Achse vom Hauptplatz Copacabanas runter zum Strand ist vollgepackt mit Souvenirläden, knallfarbige Stoffe, Lamamützen, Filzhüte. Kaffes, Pizzerias, Kneipen alle mit WIFI, wie überall auf der Welt in den turistischen Orten. 100 faches Angebot zu der «Isla del sol» zu fahren oder im Kombiangebot auch zur «isla de la luna», beide mit Inkaerbe bestückt. Ich wollte mich ja auf diese Turitour einlassen, Luca hat schon mit der Nase gerümpft – er war ja aber auch schon dort vor 15 Jahren oder so und damals war halt das hier alles noch ganz anders, ruhig und beschaulich und überhaupt nur drei Hotels. Also aber ich finde es immer noch ruhig und beschaulich, abgesehen von den Hippsterkafis. Aber das hat ja auch was, zur Abwechslung. Beim Versuch mich auf eines dieser Boote einzuchecken gestern, habe ich mich aber doch wieder umentschieden. An die Hundert Backpackers pro Boot – und das war nicht die Pantha Rei – da hätt ich wohl kaum gemütlich weiter Krimi lesen können auf der Überfahrt und dann auch kaum Zeit auf der Insel und zack schon wieder zurück.

Der Plan ist gemacht. Heute nochmal eine Flyertour ohne Gepäck, den Holperpisten der Küste entlang zu den kleinen Orten in den Buchten. Aber erst wenn die Sonne nicht mehr so knallt und das Licht besser ist, gell, ist ja klar. Wäsche waschen – soweit nötig und sinnvoll – bloggen, lesen, ausruhen. Morgen geht’s dann auf zu der «Bolivia extended version». Rüber nach Peru. Puno am westlichen Ufer des Sees. Eine letzte gemeinsame Etappe, bevor ich dann umkehr und Luca in Lima meinen Nachfolger Alex abholt.

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/ Bolivia

The Illampu 6383 m is the fourth highest mountain in Bolivia. It is located in the northern section of the Cordillera Real, part of the Andes, east of Lake Titicaca. Here a view from the town of Achacachi.
This looked like a brewing thunderstorm luckily it didn’t materialise.
The city of Oruro with its Virgen del Socavon (our lady of the mineshaft) monument.
Rainbow in the small town of Sevaruyo.
The city of La Paz the highest capital in the world 3640m
To reach the hot and humid lowlands or Yungas the road climbs from La Paz to the Cumbre 4700m and then drops down 900m.